Töne durch die Wand, kalliope paperbacks, 2011  

 

"Am Kirchberg war keiner zu Hause, und ich war froh darum. Ich nahm die Gitarre, hoffte auf Trost, aber die Finger wollten nicht. Auch nicht die Stimme. Melanie blieb mir im Halse stecken, meine Gedanken keuchten zerfetzt durch meine Gefühlswirrnis, ein einziges Wort nur wich ihnen nicht von der Seite, humpelte alt und gebückt neben ihnen: Warum? Wie ein Klumpen aus Ton, zu lange im Wasser gelegen, zu glitschig und weich, als dass man ihn formen könnte, saß ich im Zimmer und kannte mich nicht.

 

Schreiben, flüsterte es da in mir. Wie früher, ins Tagebuch. Mühsam setzte ich meine Glieder in Bewegung, holte Stift und Heft. Warum?, schrieb ich.

  

Da lag es, dieses eine, einsame Wort meines maroden Gedankengerippes und starrte mich an. Es lag da, lange, bis es sich endlich mit Inhalt füllte, bis der Inhalt nach mehr Worten verlangte. Wenigstens die Fragen wollten gestellt sein, wenn schon die Antworten nicht möglich waren." 

 

  

Anne, ein Kind der Nachkriegsgeneration in den 60er und 70er Jahren, lebt in einer spießbürgerlichen Familie mit der großen Schwester, dem vier Jahre jüngeren Bruder, der Leid geplagten, widerstandslosen Mutter und dem cholerischen Vater, der die ganze Familie in Atem hält. Als sie zur Kommunion eine Gitarre geschenkt bekommt, ist es die Musik, die für sie zum Refugium und Rettungsanker wird. Mit ihrer Hilfe gelingt es ihr, kleine, immer wieder von Konflikten geprägte Schritte zu wagen, in der Hoffnung, der Gewalt und emotionalen Kälte ihrer Kindheit und Jugend entfliehen zu können.

Als junge Frau lernt sie Jan kennen, und schon bald beschließen die beiden, zu heiraten. Annes Wunsch, in einer neuen Familie Sicherheit und Geborgenheit zu finden, scheint sich nun zu erfüllen. Doch als sie ihr Kind verliert, überstürzen sich die Ereignisse...

 

  

Rezensionen:

"... Andrea van Bebber gelingt es, ihre Figuren situativ präzise zu zeichnen und im Wechsle der erzählerischen Perspektiven ein spannendes Psychogramm zu weben..." (Rudower Magazin, 05/2012)

 

"... Andrea van Bebber spielt mit den Worten, nutzt die wirre und wilde Zeit der Rahmenhandlung, ein fein geschnürtes Paket intensiver Sprachelemente als Komposition zu präsentieren - und tut dies mit einfühlsamer Stimme. Sie liest nicht, sie spielt die Handlung mit Worten..." (Rhein-Neckar-Zeitung, 27.3.2012, www.rnz.de)

 

"... Der Autorin gelingt die Evokation von Kindheitsräumen, in denen Bilder entstehen, die erzählerisch und sprachlich von großer suggestiver Kraft sind... " (Maria Herlo, Mannheimer Morgen, 2012) 

 

"...Eine "coming of Age"- Geschichte, manchmal erbarmungslos hässlich, manchmal zart und süß - aber immer mit einem äußerst ehrlichen literarischen Ton. Larmoyanz und Selbstmitleid ist der Autorin fremd, mit treffsicheren und sprachlich starken Bildern bannt sie die Vergangenheit zu einem bezwingenden Lebensportrait von großer literarischer Meisterschaft. Beeindruckend und berührend!" (Markus Schneider/ Bücherland Sinsheim)